OÖ muss nicht bei jeder fragwürdigen Entwicklung vorne mit dabei sein.
Das Thema „Insektenproduktion“ für Lebensmittel und als Tierfutter nimmt Fahrt auf – und Oberösterreich will sich ganz offensichtlich als Vorreiter positionieren: Das Start-up-Unternehmen Ecofly errichtet derzeit im Bezirk Schärding Österreichs größte Insektenzuchtanlage. Ab Ende 2023 werden im Innviertel 2.400 Tonnen Fliegenlarven pro Jahr produziert. Genauer gesagt handelt es sich dabei um die „Schwarze Soldatenfliege“ – ein Insekt, das bei uns gar nicht heimisch ist. Produziert werden sollen Düngemittel, Öle für Kosmetika und Tierfutter-Bestandteile. Kritik kommt von MFG Oberösterreich: Statt sich als „Insektenproduktionsbundesland“ zu positionieren, solle man lieber „die gewachsenen, natürlichen und landestypischen Erzeugnisse und Produktionsformen auch weiterhin an erste Stelle setzen.
Die bald im Innviertel produzierte „Schwarze Soldatenfliege“ kommt ursprünglich in Gebieten mit tropischem bis warmem Klima vor, ist bei uns also gar nicht heimisch. „So weit bekannt ist, überträgt sie keine Krankheiten“, schreibt ein anderer großer Produzent aus Holland auf seiner Internetseite. Aber zurück zum österreichischen Unternehmen Ecofly, bei dem der Sprung zu Lebensmitteln nicht weit ist: Der Linzer Lebensmittelkonzern VIVATIS, der sich auf die Nahrungs- und Genussmittelbranche spezialisiert hat, ist mit 67,6 Prozent mehrheitlicher Inhaber von Ecofly. Zur VIVATIS-Gruppe gehören u.a. die Marken Inzerstorfer, Himmeltau, Knabbernossi, Wojnars, Maresi, Bauernland und Karnerta.
„Denkbare Risiken“
Die deutsche Verbraucherzentrale listet unter den „denkbaren Risiken“ beim Thema Insekten als Lebensmittel übrigens die mögliche Übertragung von Zoonosen (Infektionskrankheiten, die von Tieren auf Menschen übertragen werden können und umgekehrt), den Einsatz von Arzneimitteln wie Antibiotika, Hormonen oder anderen Chemikalien bei der Insektenproduktion sowie bis dato teils fehlende spezielle Hygiene- und Sicherheitsvorschriften für die Zucht und Produktion von Speiseinsekten auf. Weiters bedenklich: Die Herkunft der Insekten muss nicht auf den Produkt gekennzeichnet sein.
„Wir lehnen die bedenkliche und unnatürliche Massenproduktion von Insekten ab, ebenso wie deren Verwendung in jeglicher Form.“
LAbg. Joachim Aigner, MFG
„MFG lehnt die bedenkliche Massenproduktion von Insekten ab, ebenso wie deren Verwendung in jeglicher Form“, sagt LAbg. Joachim Aigner, MFG-Österreich Bundesparteiobmann. Er appelliert, entsprechende Entwicklungen nicht auch noch zu fördern, sondern stattdessen die „gewachsenen, natürlichen und landestypischen Erzeugnisse und Produktionsformen auch weiterhin an erste Stelle zu setzen.“
Als ersten Schritt hat MFG im März 2023 einen Initiativantrag für eine Kennzeichnungspflicht in den Oö. Landtag eingebracht. Joachim Aigner: „Damit für die Konsumenten klar ersichtlich ist, welche Produkte Insekten – die bei uns in Österreich keine üblichen Zutaten sowie potenziell gesundheitsschädlich sein können – enthalten, ist es erforderlich, eine besondere Kennzeichnungspflicht einzuführen.“ Die Kennzeichnung soll durch Anbringen eines optisch auffälligen Hinweises entweder auf der Vorderseite des Produkts oder in unmittelbarer Nähe zur Zutatenliste erfolgen. Weiters hat – so die Forderung von MFG – eine solche Kennzeichnung insbesondere auch auf Menükarten in Restaurants bei Speisen, die Insekten enthalten, zu erfolgen.
Durch die Verarbeitung zu Pulver ist es möglich, dass selbst in Keksen ‚der Wurm drin‘ ist. Als Pulverbeimischung ist sogar in Nudeln ein Anteil von bis zu zehn Prozent erlaubt. Insekten können künftig auch als billige Suppengewürz-Zugabe verwendet werden oder in Knabbereien, Brot, Süßigkeiten, Kartoffelprodukten, in bierähnlichen Getränken und selbst in der Frankfurter am Würstelstand stecken.
Verdrängungswettbewerb
Insekten werden in manchen Teilen der Welt regelmäßig als alternative Proteinquelle gegessen: „Das bedeutet aber nicht, dass man alles, was irgendwo auf unserem Planeten passiert oder die EU für richtig befindet, auch bei uns 1:1 übernehmen muss – schon gar nicht, wenn dazu absolut keine Notwendigkeit besteht“ so Joachim Aigner. Klar ist, dass die relativ günstig zu produzierende ‚Massenware Insekten’ auf kurz oder lang die heimische Produktion der klassischen österreichischen Lebensmittel immer weiter verdrängen würde – gerade heute, wo es nur mehr um Kosten, Gewinnmargen und Preisvorteile geht.