MFG: Causa Wöginger zeigt politische Doppelmoral

Okt. 8, 2025 | Allgemein, Anti-Korruption, Innenpolitik, Landespolitik, MFG Oberösterreich

Verantwortung und Anstand dürfen nicht länger Option sein, sondern Pflicht

 

Die Vorgänge rund um die Diversion für ÖVP-Klubobmann August Wöginger im Fall der Postenbesetzung des Finanzamts Braunau zeigen einmal mehr, wie eng Macht und Verantwortung in der politischen Klasse Österreichs miteinander verwoben sind. Dass ein führender Politiker nach einem offensichtlichen Fehlverhalten im Amt bleibt, verdeutlicht das Problem eines politischen Systems, das keine Verantwortung mehr kennt.

 

Die Causa Wöginger – ein Fall mit System

„Dass kein Rücktritt erfolgte, als die Ermittlungen begannen, war schon ein Affront gegenüber jedem Bürger, der für sein Handeln geradesteht. Aber nach einer Diversion, also einer Übernahme von Verantwortung ohne Schuldspruch, im Amt zu bleiben, ist schlicht unanständig“, sagt LAbg. Joachim Aigner, MFG-Landesparteiobmann. „Wenn ein führender Politiker eine Diversion erhält, ist das formal kein Schuldspruch, moralisch aber sehr wohl ein Eingeständnis von Fehlverhalten. Dass in einer solchen Situation kein Rücktritt erfolgt, ist ein Schlag ins Gesicht aller, die für Anstand und Verantwortung in der Politik stehen.“

Selbst Fachleute äußerten Verwunderung über den milden Ausgang. Anti-Korruptionsexperte Martin Kreutner erklärte im Ö1-„Morgenjournal“, es sei „verwunderlich“, dass es trotz vorliegender Chats, Geständnisse und eines Urteils zugunsten der übergangenen Bewerberin überhaupt zu einer Diversion gekommen sei. Für ihn steht fest: Korruptionsdelikte sind nicht am unmittelbaren Schaden zu messen, sondern an ihrem gesamtstaatlichen Vertrauensverlust – und der sei enorm.

Auch LAbg. Manuel Krautgartner, MFG-Klubobmann, sieht darin ein Symptom politischer Doppelmoral: „Für die ÖVP mag die Sache erledigt sein, für die Bürger sicher nicht.

Wer sich selbst Absolution erteilt, hat aus dieser Affäre nichts gelernt. Wenn neun Jahre alte Parteibuch-Aktionen mit einem ‚Es tut mir leid‘ abgetan werden, während der Staat seit Jahren Hunderttausende Euro Schadenersatz für parteipolitische Postenbesetzungen zahlen muss, ist das kein Zeichen von Verantwortung, sondern ein Freibrief für Machtmissbrauch.“

 

Verantwortung statt Parteibuch

Im Prozess selbst sprach man von einem „einzigartigen Fall von Freunderlwirtschaft“. Einzigartig deshalb, weil laut Anklage „so viel belastendes Material wie hier noch nie vorgelegen ist“. Im Akt fanden sich zahlreiche Chats zwischen Wöginger, Thomas Schmid und einem der Mitangeklagten, in denen man sich darüber freute, den Parteifreund für den Leitungsposten „durchgeboxt“ zu haben. Dass ein enger Parteifreund statt der besser qualifizierten Bewerberin den Job erhielt, passt hingegen in ein bekanntes Muster: Parteibuch vor Leistung, Loyalität vor Verantwortung. „Für Wöginger endete die Causa mit einem blauen Auge, für das Vertrauen der Bürger mit einem bleibenden Schaden“, so Krautgartner weiter. „Diese plötzliche Reue kurz vor Prozessbeginn war weniger Einsicht als Taktik – ein kalkulierter Schritt, um die Partei zu schützen, nicht um Verantwortung zu übernehmen.“

 

Österreich braucht eine neue politische Kultur

Dass Postenschacher kein Einzelfall ist, zeigen Recherchen von profil und ORF-Report: Seit 2006 mussten Bundesministerien über 400.000 Euro Schadenersatz leisten, weil bei Postenvergaben parteipolitische Bevorzugungen festgestellt wurden, besonders häufig im Innenministerium. Diese Zahlen stehen zwar nicht in direktem Zusammenhang mit der Causa Wöginger, belegen aber, dass solche Fälle kein Ausrutscher, sondern Teil eines Systems sind, das politische Loyalität über Qualifikation stellt.

„Österreich braucht endlich eine Politik, die Verantwortung übernimmt, statt Ausreden zu suchen“, betont Aigner abschließend. „Solange moralisches Fehlverhalten ohne Konsequenzen bleibt, kann von einer funktionierenden Demokratie keine Rede sein.“

 

Rückfragehinweis:
MFG Oberösterreich

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